Beinlängendifferenz u. Beckenschiefstand – ein schräges Thema?
- Unterschiedlich lange Beine – wie kommt es dazu?
Diese Frage wird mir immer wieder gestellt.
Es gibt mehrere Möglichkeiten.
Zum einen kann man sich akute verheben, also z.B. einen Hexenschuss bekommen. Die verhärteten Muskeln hebeln dann regelrecht am Becken.
Eine weitaus häufigere Variante ist es, dass man schlicht und einfach zu oft schief hebt.
Klassisch den Oberkörper nach vorne beugt und gleichzeitig zur Seite dreht.
Dabei werden die Hebelkräfte so immens groß, dass das Becken der Spannung ausweicht.
Wesentlich seltener sind echte Beinlängenunterschiede, die durch Wachstumsstörungen oder Unfälle verursacht werden.
- An welchen Beschwerden kann ich erkennen, ob ich das habe?
Die meisten Patienten klagen über chron. Rückenprobleme, die dann oftmals auch noch Therapieresistent sind. Immer wiederkehrende Rückenprobleme,
schief abgelaufene Schuhe oder Hosenbeine, die nicht gleichlang sind, sind hier Indikatoren. In diesen Fällen solle man das Becken kontrollieren lassen.
- Mein Orthopäde hat davon geredet, den Unterschied durch Einlagen auszugleichen…
Bei einer echten Beinlängendifferenz ist eine Einlage, die den Höhenunterschied ausgleicht, sicherlich angebracht. Aber auch hier gilt, dass der Unterschied gravierend sein muss.
Dynamische Systeme wie die Wirbelsäule gleichen sehr vieles, gerade im jugendlichen Alter, alleine aus, ohne Schaden zu nehmen.
Nach Abschluss des Wachstums erworbene echte Längendifferenzen, z.B. nach Trümmerbrüchen, wo Knochenmaterial fehlt, sollten unterlegt werden.
- Und was machen Sie dann dagegen?
Das Becken ist ein bewegliches System mit gelenkigen Verbindungen. Somit kann man diese in ihrem Bewegungsablauf wieder harmonisieren und ausgleichen.
Hierzu stehen unterschiedliche manuelle Techniken zur Verfügung.
- Wie schnell wirkt Ihre Hilfe und wie lange hält das an?
Die Änderung wird in den meisten Fällen, unmittelbar wären der Behandlung erreicht.
Es kommt allerdings auf den Gesamtzustand des Patienten und dessen privater und beruflicher Belastung, wie auch den Zeitraum seit Bestehen des Problems an.
Also je länger ein Problem wie dieses anstanden ist, umso länger ist der Heilungsverlauf.
Akute Beckenschiefstellungen sind relativ schnell zu beheben und zu stabilisieren.
Sind die Beschwerden aber schon seit Jahren aktiv, hat der Körper sich mit dem Problem arrangiert. Jetzt muss er regelrecht umprogrammiert werden und sich an die neue, richtige, Haltung gewöhnen.
Das kann dann bei manchen Patienten bis zu mehreren Wochen oder sogar Monaten dauern.
Aber auch hier ist eine nachhaltige Stabilisierung oft noch möglich.
- Was kann ich derweil selber machen, um einen erneuten Schiefstand zu verhindern?
Ich empfehle meinen Patienten, sich deutlich körpergerechter zu verhalten.
Also nicht mehr schief und aus dem Rücken zu heben oder auch auf kleiner Lastportionen zu achten.
Ist eine Stabilisierung in Sicht, rate ich zu entsprechenden Rückenübungen, wie z.B. Krankengymnastik oder Geräte gestütztes Krafttraining.
Aber bitte erst dann, da sonst die Muskulatur oftmals wieder verhärtet und erneut alles schief zieht.
- Kann ich mich unterstützend besonders ernähren?
Einen Beinlängenunterschied kann man nicht mit Diät behandeln, das ist schlicht ein mechanisches Problem.
Wer möchte, kann aber eine entschlackende, basische oder muskelfunktionsfördernde Ernährung durchführen.
Hierzu gibt es genügend frei erhältliche Literatur.
Schaden kann es auf keinen Fall.
- Welcher Sport ist denn noch erlaubt?
Während des Behandlungszyklus rate ich von jeglicher sportlichen Aktivität ab.
In Umstellungsphasen ist der Körper empfindlich gegen Störungen und je weniger Knüppel sich die Patienten in die Beine werfen, umso besser.
Selbst ein normaler Tagesablauf bietet schon genügen Störquellen, daher ist es besser, bis auf Weiteres, auf Sport zu verzichten.
Wie ich aber vorhin schon sagte, sobald eine Stabilisierung in Sicht ist, kommen weitere Maßnahmen zum Zuge.
Die Devise: “Was würden Sie mit einer frischen OP Narbe an Belastungen machen?“, sagt eigentlich alles.